Musical trifft Metal in der Eifel: Kulturclash auf dem Detze (2024)

Glitzeroutfit versus Kutte, Timbre versus Growlen: Ein Musicaldarsteller der Theaterfestspiele Vulkaneifel trifft auf die Metaler beim Festival "Der Detze Rockt!"

Sebastian Krolik steht normalerweise als Regisseur neben und als Darsteller auf der Bühne der Theaterfestspiele Vulkaneifel. Musical ist also sein Metier, heute aber taucht er in eine andere Welt ein: in die des Heavy Metals auf dem Open Air Festival "Der Detze Rockt!" in Daun-Rengen. SWR Aktuell begleitet ihn dabei.

"Ich erwarte laute Musik, schlechtes Wetter und viele nette Menschen, die man normalerweise nicht treffen würde", freut Sebastian sich. Außerdem möchte er - als Mann der Musik - etwas über die verschiedenen Genres des Metal und die Gesangstechniken erfahren.

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Als erstes geht er aber zum Campingplatz, auf dem die Fans schon gemütlich bei einem Bier sitzen und Musik hören, die erste Band spielt schließlich erst in einer Stunde. Ist er für sein erstes Metal-Konzert überhaupt richtig gekleidet? "Dein Cordhemd ist jetzt nicht so üblich in der Metal-Welt", sagt Besucherin Flo. "Wenn du das wegnimmst, ist das schwarze T-Shirt darunter schon ganz gut. Schwarz ist unsere Farbe. Es wäre natürlich noch besser, wenn du ein Bandshirt anhättest."

Richtige Kleidung am Merch-Stand

Flo selbst trägt eine ihrer drei Kutten. Die Aufnäher darauf nennen sich "Patches". Die hat Flo vor allem von den Underground-Bands, die sie gut findet. Sebastian zieht es nun also zum Merchandise-Stand. Dort kann er sich mit einem warmen Kapuzenpullover des Festivals, Ansteckern und - natürlich - einem Patch eindecken.

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Ich liebe es, wenn es auf Festivals Ballern und Knüppeln auf das Schlagzeug gibt und Geschrei beim Gesang, bei dem man kein Wort mehr versteht.

Verschiedene Genres beim Metal - und Gemeinsamkeiten zum Musical

Auch Anja aus Bochum trägt Patches auf ihrer Kutte über der Regenjacke - sie ist auf schlechtes Wetter vorbereitet. Sie mag die verschiedenen Genres des Heavy Metal. Auf dem Detze laufen eher Klassiker dieser Musik, erklärt sie Sebastian: "Ich bin sehr viel im Metalcore, Deathcore und im Extreme Metal unterwegs. Ich liebe es, wenn es auf Festivals Ballern und Knüppeln auf das Schlagzeug gibt und Geschrei beim Gesang, bei dem man kein Wort mehr versteht. Hier hast du eher die klassischen Varianten."

Die familiäre, harmonische Einstellung deckt sich bei Musical und Metal gut.

Verschiedene Genres gibt es auch im Musical, merkt Sebastian an: "Die Welten von Metal und Musical sind ja auch gar nicht so verschieden", entgegnet Anja. "Findest du?" - "In meinem Bekanntenkreis sind viele, die sich gerne Musicals anschauen oder sogar mitmachen. Und daher weiß ich, dass diese allgemeine, familiäre, harmonische Einstellung sich bei beidem gut deckt."

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Kleines Festival mit Herz

Das Familiäre war bei "Der Detze Rockt!" schon immer wichtig. Seit 2011 wird das Festival ehrenamtlich von Alten und Jungen aus dem Dauner Stadtteil Rengen und der näheren Umgebung organisiert. Über die Jahre ist es aber größer geworden, sagt Mitorganisator David Haas, der Sebastian sein Festivalbändchen gibt, damit er auf das Gelände kommt: "Weil unsere Bands immer größer, populärer und auch anspruchsvoller sind, müssen wir im Catering auch mehr bieten. Zum Beispiel vegane Pizza - kein Scherz."

Auch für die Besucherinnen und Besucher gibt es verschiedene, auch vegane, Gerichte zur Auswahl. Und die Bühne sei größer geworden, sagt Haas: "Wir haben außerdem einen Anbau, auf dem das nächste Schlagzeug vorbereitet wird, während die vorige Band noch spielt."

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Dass das Festival auf dem Detze mit rund 2.000 Besuchern dennoch klein und familiär geblieben ist, zieht Fans aus ganz Deutschland und Benelux an - und sogar zwei aus Australien, erzählt Haas. Eine kürzere Anreise hatte da Kai, den Musicaldarsteller Sebastian Krolik auch auf dem Campingplatz trifft. Kai kommt aus dem Ruhrgebiet und damit aus einer - wie er sagt - Hochburg des Heavy Metal.

Bei einem kleinen Festival werden die Bands mit Herz ausgewählt.

Dennoch fährt er gern auch immer wieder nach Rengen: "Alles wird größer und teurer bei den Festivals. Solche Exklaven wie hier in der Eifel sind dann cool." Das findet auch sein Kumpel Julian aus Essen: "Man lernt die Festivals von Fans für Fans zu schätzen. Die Veranstalter sieht man selbst vor der Bühne und das macht es aus. Es ist wenig kommerziell hier. Die Bands werden mit Herz ausgewählt."

Nähe von Metal und Musical

Sebastian interessiert sich dafür, welches Genre die beiden genau interessiert. Hier auf dem Detze gebe es einen guten Mix aus Underground und Klassikern, sagen beide. Im Gegensatz zum Musical gebe es eben die klassische Band mit verschiedenen Instrumenten, die in verschiedenen Tempi spielen.

"Aber wenn ich dich zurückfragen darf", wirft Julian ein: "Es gibt ja auch nicht DAS Musical, oder?" Nein, auch da gebe es viele verschiedene Arten, erklärt Sebastian. Ein Musical besuchen würde Julian dennoch nicht. So weit geht die Völkerverständigung dann doch nicht.

Eine gewisse Affinität hat auch der Metalhead zum Musical.

Als dann herauskommt, dass Kai wie Anja auch aus Bochum kommt, muss Sebastian dann aber doch noch mal fragen: "Bochum? Bochum IST doch Starlight Express." - "Als Bochumer war man natürlich mal bei Starlight Express. Und als Bochumer habe ich auch immer Rollschuhe dabei", lacht Kai.

So groß sei der Unterschied gar nicht: "Bei manchen Metalbands geht es ja auch schon in die Richtung Opera. Eine gewisse Affinität hat auch der Metalhead zum Musical. Es gibt clean Vocals, Shouts und Growls. An jedem finden wir etwas."

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Gesang im Heavy Metal: Nur Schreierei?

Aber wie genau singt man denn jetzt Metal? Das will Sebastian bei Skullcrusher, dem Sänger der ersten Band heute Abend, herausfinden: "Wir singen ja beide." - "Das ist eine Definitionssache", lacht Skullcrusher. "Ja gut, wir benutzen beide unsere Stimmen mit einem Mikrofon auf einer Bühne", entgegnet Sebastian. "Als ich dir beim Soundcheck zugehört habe - mir würde alles reißen und ich hätte das Gefühl, ich werde heiser und kann gar nichts mehr."

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Tatsächlich hat der Metal-Sänger Gesangsunterricht genommen. Nur kurz, aber die Aufwärmübungen nutzt er immer noch: "Am Anfang war es sehr schwierig, weil mein Hals es nicht gewohnt war, dass ich überhaupt singe. Die ersten Monate waren nicht so angenehm für den Hals. Aber jetzt kann ich zwei Stunden durchhalten ohne Schmerzen." Dabei brüllt er ziemlich ins Mikrofon. Allgemein führe er sich aber sehr viel Flüssigkeit zu - sagt er und hält seine Bierflasche in die Höhe.

Awareness-Team: Streit schlichten, bevor es knallt

Direkt neben der Bühne fallen Sebastian drei Menschen mit gelben Westen auf. Sie bilden das Awareness-Team. Wer beobachtet, dass jemand während des Festivals übergriffig, diskriminierend oder gewalttätig wird, oder wer Hilfe braucht, kann sich an die drei wenden. So soll gesichert werden, dass sich alle rücksichtsvoll, solidarisch und verantwortungsbewusst verhalten und es keine Diskriminierung gibt.

Denn auf Festivals gibt es durchaus Übergriffe und sexuelle Gewalt. Das Awareness-Team ist dennoch ein Novum in der Szene, sagt Organisator David Haas: "Wir sind sehr stolz, dass wir das Team haben, obwohl es eigentlich widersprüchlich ist: Unsere Besucher und die Bands sind - überraschend und entgegen dem Klischee - sehr friedlich." Dennoch gebe es kleinere Vorfälle, die man verhindern will. Streit schlichten, bevor es knallt.

Kulturclash geglückt

Von diesem Konzept ist Musicaldarsteller Sebastian Krolik beeindruckt. Als es schließlich von der Bühne heißt: "Herzlich willkommen zum Detze 2024!", ist er direkt vorne dabei. Und zieht ein positives Fazit seines Eintauchens in eine andere Welt: "Ich bin total überrascht und verblüfft. Man hat ja doch ein paar vorgefertigte Bilder im Kopf. Und keins davon wurde erfüllt."

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Man findet ganz schnell Gefallen an der Musik. Es macht richtig Spaß.

Er habe an diesem Nachmittag super nette Menschen getroffen, die offenherzig und kommunikativ waren. Der Metal-Sänger pflege seine Stimme auch ähnlich wie er selbst: "Wobei ich das Bild im Kopf hatte, dass die einfach losschreien." Es sei anders gewesen, als gedacht: "Und tatsächlich findet man ganz schnell auch Gefallen an der Musik. Es macht richtig Spaß."

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